Berlin (dpa) - Im Grunde wollen alle das Gleiche. Das gemeinsame Ziel,
Kinderpornografie im Internet zu bekämpfen, gerät aber durch den Streit
über die dazu vorgesehenen Maßnahmen in den Hintergrund.Bild
vergrößernBundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat mit ihrem
Vorschlag, die Überwachung verdächtiger Websites in die Hand des
Bundeskriminalamtes (BKA) zu legen, bei der Internet-Gemeinde einen Sturm
der Entrüstung ausgelöst. «Zensursula» wird von der Leyen seit Wochen in
Foren und Chatrooms genannt, eine Online-Petition gegen den
Gesetzesvorschlag von Union und SPD erhielt in knapp vier Wochen über
100 000 Unterschriften - ein Rekord.Am Mittwoch ist der Entwurf in einer
öffentlichen Expertenanhörung im Bundestag beraten worden. Dabei zeichnete
sich ab, dass das Gesetz in der aktuellen Form wohl nicht beschlussreif
ist. Von der Leyen räumte «Nachbesserungsbedarf» ein, von ihren Plänen will
sie aber nicht abrücken. «Von meinem Ziel, die freie Verfügbarkeit der
Bilder vergewaltigter Kinder im Netz zu stoppen, lasse ich mich keinen Deut
abbringen», sagte von der Leyen.Doch darum geht es auch nicht. «Von allen
Experten werden wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung von Kinderpornografie
gefordert», betonte Oliver Süme vom Verband der deutschen
Internetwirtschaft (eco). Diese seien in dem Vorschlag kaum zu
finden.Besonders dass eine Blockierung vom BKA verordnet werden soll, ist
den Kritikern ein Dorn im Auge. «Kollateralschäden» sind nach Meinung der
Internet-Surfer programmiert - dass in den Listen auch «unschuldige» Seiten
auftauchen, scheint unvermeidbar. Auf einer Sperrliste in Finnland lande ten
kürzlich 1047 Domains - ganze 9 davon enthielten tatsächlich
kinderpornografische Inhalte.Um einem Missbrauch der Sperrliste
vorzubeugen, hat von der Leyen nun die Gründung eines unabhängigen Gremiums
in Aussicht gestellt. Auch das BKA betonte, im Zweifelsfall von einer
Aufnahme auf die Liste abzusehen. Wie das im konkreten Fall aussehen soll,
ist bislang unklar. Der Verdacht auf Internet-Zensur bleibt.Vor allem das
Blockieren von Websites - mit einem großen Stopp-Zeichen - könne nur einen
Teil der illegalen Online-Tätigkeiten eindämmen, sagen die Kritiker und
verweisen auf eigene Erfahrungen. Der Verband eco betreibt zum Beispiel
eine Hotline, bei der auch Beschwerden über Kinderpornografie eingereicht
werden können. Nach Verbandsangaben betrafen dabei im vergangenen Jahr von
2562 Beschwerden nur 449 das Internet. Andere Plattformen wie Tauschbörsen,
wo man sich zum persönlichen Austausch von Kinderpornos verabredet, wären
von den Sperren, die ohnehin nur «flankierende Maßnahmen» sein dürften, gar
nicht betroffen, bemängelte Süme.Dass eine Zugangsblockierung die «ultima
ratio» sein muss, unterstrich auch die Medienwissenschaftlerin Korinna
Kuhnen. Vorrang im Kampf gegen Kinderpornografie müsse die strafrechtliche
Verfolgung haben. Diese ist aber nur möglich, wenn die verbotenen
Web-Inhalte auf einem Server in Deutschland oder der Europäischen Union
liegen. Ist dies nicht der Fall, sollen von der Leyens Maßnahmen greifen.
Die große Gefahr scheint, dass diese nach hinten losgehen. Provider könnten
durch das Gesetz dazu verleitet werden, Inhalte nur noch zu sperren und
nicht zu löschen, befürchtet Süme.
Saturday, May 30, 2009
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